Die meisten Adoptierten besitzen nur wenige Informationen über ihre leiblichen Eltern - und so gut wie keine über Großeltern, Geschwister und andere Verwandte. Die Adoptiveltern haben in der Regel von den Adoptionsvermittlern nur wenige Angaben über die Herkunft ihrer Kinder bei deren Übergabe erhalten -

[die dt. jugendämter haben in den 60ern & 70ern bewusst gelogen: um nachforschungen in beide richtungen zu unterbinden.]

- und diese zum Teil aufgrund des mit der Plazierung verbundenen Stresses oder im Verlauf der Zeit vergessen. Oft betreiben sie auch eine gewisse Informationspolitik, so daß ihre Aussagen gegenüber dem Adoptivkind variieren oder Informationen aus anderen Quellen widersprechen mögen. In vielen Familien sind auch die Themen "Adoption" und "leibliche Eltern" tabuisiert (Kirk 1981, Hoffmann-Riem 1984, Knoll/Rehn 1984/85). So beschäftigen sich zum einen viele Adoptierte in ihrer Phantasie intensiv mit ihrer Herkunft. Zum anderen nimmt ein kleiner Teil von ihnen Kontakt zu Jugendämtern und anderen Behörden auf, um Informationen über ihre leiblichen Verwandten und die Umstände ihrer Adoption einzuholen. Wie groß dieser Anteil ist, läßt sich für die Bundesrepublik Deutschland derzeit nicht bestimmen. In Großbritannien wird nach verläßlichen Hochrechnungen von 7 bis 15% aller Adoptierten ausgegangen

Triseliotis 1984

 

Adoptierte stellen aus einer Vielzahl von Gründen Nachforschungen nach ihren leiblichen Verwandten an: Manche sind an medizinischen und erbbiologischen Informationen interessiert, andere wollen sich ein Bild von dem Aussehen und der Persönlichkeit der leiblichen Eltern machen oder die Umstände ihrer Adoption (insbesondere die Freigabegründe) erfahren. Einige sind nur an bestimmten Fakten interessiert, andere möchten Eltern und/oder Geschwister persönlich kennenlernen. Tiefer liegende Gründe für die Nachforschungen können in den Identitätskonflikten vieler Adoptierter liegen. Sie möchten einerseits zu einer festen persönlichen Identität gelangen und andererseits sich sozial plazieren. Dazu ist notwendig, daß sie Lücken in ihrem Wissen um die eigene Herkunft schließen, Kontinuität zwischen Gegenwart und Vergangenheit herstellen sowie ein Gefühl der genealogischen Zugehörigkeit gewinnen

Picton 1982, Haimes/Timms 1985, Kowal/Schilling 1985

 

Obwohl das Interesse an der eigenen Herkunft schon in der Kindheit erwacht und in der Jugend besonders stark ausgeprägt ist(s. z. B. Hoffmann-Riem 1984, Ebertz 1987, Keller-Thoma 1987), beginnen Adoptierte mit ihren Nachforschungen zumeist erst im Erwachsenenalter. In Großbritannien, wo alle Anfragen zentral bearbeitet werden, sind die meisten Antragsteller zwischen 25 und 35 Jahre alt und bereits verheiratet; ähnliche Angaben liegen auch aus den USA vor (Day 1983, Leeding 1983, Kowal/Schilling 1985). Nach verschiedenen Forschungsergebnissen wurde ein großer Teil von ihnen sehr spät, auf traumatische Weise oder durch Dritte über ihren Status als Adoptivkinder aufgeklärt (Triseliotis 1973, Day 1983, Kowal/Schilling 1985). Auch haben die meisten (Vergleichs-) Untersuchungen ergeben, daß die Beziehung zwischen "suchenden" Adoptierten und ihren Eltern relativ schlecht ist und erstere den Adoptionserfolg weniger positiv beurteilen als andere Adoptierte (Sobol/Cardiff 1983, Aumend/Barrett 1984). Häufig wird auch von einem negativen Selbstbild, starken Identitätskonflikten und Problemen in der Kindheit aufgrund des Adoptivstatus berichtet.

a.a.O., Triseliotis 1973, 1984

 

 

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